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Unerwartete Ahnenforschung am Ende der Welt

Es ist wiedermal einer dieser Tage, an denen einfach nichts läuft. Wir laufen seit einer gefühlten Ewigkeit vom Laden zu Laden, weil unsere lokale SIM-Karte nicht funktioniert. Helfen kann uns niemand, man schickt uns einfach immer weiter zum nächsten Geschäft. Diese Erfahrung haben wir nun schon ein paar Mal gemacht in Südamerika. Will man etwas erledigen, wofür man bei uns 10 Minuten braucht, braucht man hier in der Regel einen halben Tag. Sei es um eine neue SIM-Karte zu kaufen, ein Paket zu verschicken oder etwas Spezielles zu kaufen; alles ist etwas komplizierter. 

Da kommt uns die Chocolaterie mitten im Punta Arenas* gerade recht. Die Schokolade im Schaufenster sieht super aus und das dazugehörige Kaffee macht einen gemütlichen Eindruck. Dass die Verpackungen im Schaufenster gross mit "Baeriswyl" beschriftet sind, fällt mir gar nicht auf. Erst drinnen auf der Speisekarte entdecke ich den Namen "Chocolatta Baeriswyl". Baeriswyls in Punta Arenas? Der Nachname ist typisch für den Sensebezirk, ausserhalb habe ich ihn aber noch nie gehört, zumindest nicht als Familienname mit ae geschrieben. Mein Interesse ist geweckt und so frage ich nach dem Inhaber. Nach ein paar Minuten kommt eine sympathische Dame um die Ecke und begrüsst uns freundlich. Leider spricht sie nur spanisch aber es reicht für eine kurze Unterhaltung. Sie erzählt mir, dass sie zur dritten Generation der Baeriswyls in Punta Arenas gehört. Ihre Grosseltern stammten aus Tafers und sind Ende des 19. Jahrhunderts ausgewandert. Ob wir irgendwie verwandt sind, konnten wir nicht abschliessend klären und auch das Nachfragen zu Hause hat nichts ergeben. Die uns bekannten Vorfahren scheinen keine Verbindung zu haben. 

 

*Punta Arenas ist eine Stadt in Patagonien in Chile

Superlative in Patagonien

Unsere Reise ans Ende der Welt hat aber schon etwas früher begonnen. Gestartet sind wir auf der argentinischen Seite Patagoniens. (Patagonien hat sowohl eine argentinische wie auch eine chilenische Seite). Beide Seiten übertrumpfen sich gegenseitig mit den spektakulärsten Gletschern, imposantesten Berggipfeln und einer einzigartigen Flora und Fauna. Leider hat sich damit auch mein täglicher Fotodurchschnitt fast verdoppelt... Und der war vorher schon relativ hoch...

 

Gemeinsam haben die beiden Seiten Patagoniens auch das unberechenbare Wetter und den unglaublich starken Wind. Der ist auch hauptverantwortlich dafür, dass die steilen Gipfel der Region (u.a. Fitz Roy, Cerro Torre und las Torres) als die schwierigsten überhaupt gelten, obwohl sie nur zwischen 3000 und 4000 Meter hoch sind. Die Erstbesteigung des Cerro Torres glückte beispielsweise erst in den 70er Jahren, als der Mount Everest (1953) längst bezwungen war. Wir haben grössten Respekt vor all den Bergsteigern, die bei diesen Wetterbedingungen wochenlang im Zelt im Basislager ausharren, um dann den einen perfekten Tag zu erwischen. Denn auf einen guten Tag folgen in Patagonien 25 Tage mit Wind, Schnee und Regen... Und die können ganz schön unangenehm sein. Hier gerne ein Beispiel:

Wir hatten in el Chaltén (Argentinien) durchaus auch schöne Tage, doch der Blick auf den bekannten Cerro Torre blieb uns verwehrt. Jeden Tag  hofften wir vergebens auf freie Sicht. Doch der Torre versteckte sich hartnäckig hinter den Wolken. Wir stiegen zu mehrere Aussichtspunkte auf, wanderten trotz mässigem Wetter  zur Laguna Torre (siehe Video oben) und prüften an unserem wanderfreien Tag stündlich die Wetterprognosen. Sogar unsere Fotos sichteten wir am letzten Abend nochmals prüfend, ob wir ihn auch wirklich nicht vielleicht doch ein bisschen erwischt haben. Vielleicht die Umrisse hinter dem Nebel? Doch es half alles nichts. Er zeigte sich einfach nicht. 

 

Als wir dann am Abreisetag um 6:30 Uhr unsere Koffer zum Auto schleppten, entdeckten wir im schwachen Morgenlicht einen uns unbekannten Zacken. Kühn ragte er gegen Himmel; das musste er sein, der Torre. Unsere Freude währte aber nur kurz, schliesslich hatten wir unsere Bustickets bereits gekauft und mussten zügig ins 200 km entfernte el Calafate. Doch einfach so konnten wir nicht gehen, nicht jetzt. Zu lange haben wir auf diesen Moment gehofft und uns nach diesem Anblick gesehnt. (Ok, das ist jetzt wirklich sehr pathetisch, aber Jochen wollte noch etwas mehr Drama im Text ;-).

Wir rannten also mit Stativ und Kamera bewaffnet einen kleinen Hügel hoch, um doch noch das Bild der gesamten Bergkette zu schiessen. Doch damit nicht genug. Die Gipfel verfärbten sich mit dem Sonnenaufgang auch noch rot und so rasten wir mit dem Auto weiter zu einem Viewpoint, um auch diesem Moment zu erleben und natürlich fotografisch festzuhalten. 

 

Wie wir dann nach el Calafate zurück gefahren sind, um den Bus noch zu erwischen, könnt ihr euch selber denken... es hat jedenfalls gereicht. 

Ushuia, die südlichste Stadt der Welt*

Wirklich ans Ende der Welt führte uns die Reise dann in Ushuaia. Da sich Chile und Argentinien auch Feuerland teilen, mussten wir unterwegs nach Chile einreisen, um dann 200 km weiter wieder auszureisen. Die Argentinier nehmen die Einreise nicht so streng, ein kurzer Blick in den Pass, ein Stempel und gut ist. Die Chilenen hingegen, haben strenge Einreisevorschriften und setzen diese auch konsequent um. So war der niedliche Hund an der Grenze dann auch nicht nur zur Unterhaltung der Wartenden da, sondern erschnüffelte zielsicher alles, was nicht über die Grenze durfte. Leider bellte er auch bei meiner Tasche und ich fand ihn dann gar nicht mehr so niedlich. Denn sein Bellen führte dazu, dass die Zollbeamten unseren einzigen gesunden Proviant beschlagnahmten. Zudem musste ich mir (während Jochen anderweitig beschäftigt war) eine Moralpredigt bezüglich der Deklaration verbotener Lebensmittel anhören. Ich möchte hier an dieser Stelle aber noch betonen, dass mich die Dame bei der Kontrolle nur nach Verduras also Gemüse gefragt hat. Sonst hätte ich die beiden Äpfel und die Banane ganz sicher deklariert... todsicher! 

 

Das Städtchen Ushuia ist Ausgangspunkt für Reisen in die Antarktis und lebt vor allem von seinem Status. So gab es beispielsweise extra einem Stempel in den Pass, der unseren Aufenthalt am Ende der Welt offiziell bestätigt. Für uns hat sich die Reise schlussendlich aber nicht nur wegen diesem „Must-have“ gelohnt, sondern vor allem, weil wir auf einem Ausflug durch den Beagle-Kanal verschiedene Pinguine, Seelöwen und sogar Buckelwale beobachten konnten. Sogar einen einzelnen Königspinguin haben wir gesehen. 

 

*Ushuaia gilt als südlichste Stadt der Welt. Ganz unumstritten ist dies allerdings nicht, vor allem die Chilenen sehen dies etwas anders. Wer es genau wissen will, kann die Details hier nachlesen.

Nun haben wir aber genug vom kalten und windig Wetter und freuen uns sehr, wieder in wärmere Gefilde zu kommen und im Norden von Chile meine liebe Freundin Carmen zu treffen. 

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